Die Arbeit des Antiquars ist voller Überraschungen, das Staunen ist dabei – frei nach Aristoteles – nicht nur der Beginn der Philosophie, sondern manchmal auch der Bibliophilie.
Zielstrebig steuerte ich vor einiger Zeit auf einer Messe auf zwei hübsche Halblederbände des achtzehnten Jahrhunderts zu, in der sicheren Erwartung, den Rest der schönen Serie schon irgendwo am Stand des Kollegens finden zu können.
„Vergiss es, Einzelbände… aber schau sie dir ruhig an“, rief der betreffende Kollege nicht ohne Schadenfreude in meine Richtung.
„Einzelbände, aha… sehr hübsch“, versuchte ich meine Enttäuschung zu ironisisieren.
Unvollständige Reihen – oder noch schlimmer Einzelbände – sind für Sammler und Antiquare gleichermaßen Sargnägel der Enttäuschung, auf die wir mit erschreckender Regelmäßigkeit immer wieder treffen. Handelt es sich wie hierbei auch noch um Privateinbände, sollte man – von einigen Außnahmen abgesehen – unauffällig das Weite suchen, da ein Vervollständigen getrost ausgeschlossen werden kann.
Trotzdem schlug ich diese – offensichtlich zusammengebundenen – Bände auf, und zu meinem nicht unbeträchtlichen Staunen und dem zufriedenen Grinsen des Kollegen erklang eine liebliche Melodie:
Diese zwar hübschen, aber leider sehr „vereinzelten“ Bände wurden also von einem Buchbinder zu einer sogenannten Buchattrappe umgearbeitet:
Dabei hat er nicht nur das Innere mit einem Geheimfach versehen und kunstvoll mit wunderbarem Buntpapier ausgeschlagen, sonden auch noch eine Spieluhr eingebaut, deren Stopper sich beim Aufschlagen des Buches hebt und somit das kleine Werk freigibt. Welch eine schöne Überraschung!
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